Durch einen Stempel in eine etwa zwei Zentimeter dicke Scheibe aus feuchtem Ton gedrückt und gebrannt, dauerhaft haltbar gemacht und doch nicht ahnend, dass sie mehrere tausend Jahre später einmal ausgegraben und als erster bekannter Druck mit »beweglichen Lettern« der Menschheit gelten würde. Der »Diskos von Phaistos« (Δίσκος της Φαιστού).
Vermutlich aus dem sogenannten minoischen Zeitalter etwa um 1850 bis 1550 v. Chr. stammend, wurde er 1908 auf der Palastanlage von Phaistos, der einst zweitgrößten Palastanlage Kretas, in einem ehemaligen Vorratsraum gefunden und ausgegraben.
Mit seinen 45 verschiedenen Zeichen und über 241 Stempeleindrücken ist die goldgelbe bis dunkelbraune Tonscheibe ein eindrucksvolles Druckwerk und bis heute einzigartig. Auf einem Durchmesser von nur etwa 16 cm, spiralförmig angeordnet und in 61 Zeichengruppen unterteilt wurde sie beidseitig bedruckt. Ein Rätsel, wie dies so sorgfältig in feuchtem Ton möglich war. Ein Rätsel auch, was dieses Zeichen, das insgesamt sechs mal abbildet wurde, darstellt.
Einige Zeichen sind klar als Mensch, Tier, Werkzeug oder Pflanze zu erkennen. Aber was stellt dieses dar? Ein Haus? Einen Bienenstock? Einen Ofen? Oder gar ein Grabgebäude?
Es ist nicht schlussendlich geklärt. Unter verschiedenen ArchäologInnen und WissenschaftlerInnenn herrscht Uneinigkeit aufgrund der Bedeutung einiger Zeichen. Zu vermuten ist, dass es sich um eine Silbenschrift handelt, da für eine Alphabetschrift zu viele Zeichen und für eine logografische Schrift deutlich zu wenig Zeichen vorhanden sind. Gegen letztere sprechen zudem die vielfachen Wiederholungen einiger Zeichen auf dem gesamten Diskos. Die längsten Zeichengruppen beinhalten sieben Stempeleindrücke, die kürzesten zwei, wobei es in einer Zeichengruppe maximal zwei Wiederholungen gibt.
Da die Verwendung des Diskos noch nicht belegt werden konnte, gibt es reichlich Raum für Interpretationen. So reichen die Annahmen über eine mögliche Benutzung von einem antiken Spiel über einen Kalender bis zu einem abgebildeten Planetarium. Auch über die Leserichtung wurde spekuliert. Anzunehmen ist jedoch, dass der Diskos von außen nach innen, also von rechts nach links gelesen wird. Zu beachten ist dabei jedoch, dass die Zeichen durch die Stempeleindrücke gespiegelt dargestellt werden. Es sind sogar einige Korrekturen zu erkennen, sodass man erkennt, dass dem*der UrheberIn die Genauigkeit der Zeichen und ihre Lesbarkeit am Herzen lag.